Haushaltsrede
UWG-Fraktionsvorsitzender Meinolf Schmidt 09.12.2019
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Landrat Beckehoff,
sehr geehrte Mitglieder des Kreistages,
sehr geehrte Damen und Herren,
die zu Beginn dieser Sitzung vorgenommene Ehrung von zehn Kreistagsmitglieder,
die seit 10 Jahren unseren Kreis Olpe hier vertreten, möchte ich zum Anlass für einen
kurzen Rückblick nehmen.
Fünf Tage vor der konstituierenden Sitzung des Kreistages, an der die UWG-Fraktion erstmalig teilnahm, also am 28.10.2009, wurde Angela Merkel zum zweiten Mal zur Bundeskanzlerin gewählt. Der Flughafen Berlin war bereits 3 Jahre im Bau und ein halbes Jahr später am 9.5.2010 wurde bei der Landtagswahl in NRW die CDU/FDP Koalition durch eine Rot-Grüne Minderheitsregierung unter Hannelore Kraft abgelöst.
Am 22.03.2010 wurde der Produktplan 2010 des Kreises Olpe beschlossen, der entsprechend dem Gesetz zur Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagement (NKF), seit dem 01.01.2009 aufgestellt wurde.
Seitdem also zehn Produktpläne, von denen ich einmal den Produktplan 2010 mit dem heutigen Produktplan 2020 vergleichen möchte. Gestatten Sie mir hierbei die „grobe Rundung“ des Zahlenwerkes.
Der Gesamtbetrag der Aufwendungen erhöhte sich von 147 Mill. € auf 238 Mill. € also um 60 %. Die Summe der Erträge von 64 Mill. € auf 104 Mill. € also um 61 %. Der ungedeckte Finanzbedarf, also die Kreisumlage, erhöhte sich von 81 Mill. € auf 130 Mill. € also auch um 61 %. Die Umlagegrundlagen erfuhren eine Steigerung von 147 Mill. € auf 243 Mill. € was 65 % bedeutet und der Gesamthebesatz wurde 2010 mit 55,05 % gegenüber den heutigen 53,59 % festgelegt.
Auch bei den oft kritisierten Personalaufwendungen die von 24 Mill. € auf heute 38 Mill. € gestiegen sind, liegen die Zahlen fast identisch bei 16,2 % der Aufwendungen.
Insgesamt ist also beim Vergleich der Eckdaten 2010-2020 festzustellen:
- Die prozentualen Steigerungsraten der Aufwendungen und Erträge und somit auch der ungedeckte Finanzbedarf sind annähernd konstant! Was ja bei einem umlagefinanzierten Kreishaushalt keine große Überraschung ist. Bei den kreisangehörigen Kommunen sieht dieses schon anders aus.
- Der prozentuale Anteil der Personalaufwendungen an den Aufwendungen ist konstant geblieben, hat sich aber absolut um 14,6 Mill € erhöht.
- Die Steuerkräfte unserer Kommunen sind in diesem Vergleichszeitraum um ca. 5 % höher, also auf insgesamt 65 % angestiegen. Wobei sich unseren Kommunen hierbei allerdings sehr unterschiedlich zeigen.
Und auch die mittelfristige Finanzplanung zeigt hierbei keine Verbesserung.
So weist diese im Jahre 2023 einen Mehrbedarf von 18,0 Mill €, also einen Kreisumlage-bedarf von 148,5 Mill. € aus.
Herr Landrat, meine Damen und Herren:
Wie können wir diesen dauerhaften rasanten Anstieg begegnen?
Mögliche Antworten und Hinweise konnten wir in den vergangenen Jahren in der Stellungnahme der Kommunen im Rahmen der Benehmensherstellung entnehmen. In diesem Jahr liest man dort:
„Das Auffinden von bedeutsamen Entlastungspotenzialen ist kein leichtes Unterfangen“,
oder
„Signifikante Einsparpotenziale können wir als Außenstehende nicht lokalisieren“.
Entgegen diesen Äußerungen lesen sich aber die Vorberichte zu den Haushalten oder die Haushaltsreden einiger Bürgermeister anders. U.a. Zitate aus dem Vorbericht der Stadt Attendorn:
„Die Kreisumlage ist der Sprengsatz künftiger Haushalte“,
und
„Der Kreis Olpe ist im Hinblick auf seine hohen Personal- und Versorgungsaufwendungen
dringend gefordert seine Möglichkeiten zur Haushaltskonsolidierung und damit zur Senkung der Kreisumlage deutlich entschlossener und konsequenter zu nutzen“.
Nanu, fragt man sich, was ist der Grund für diese gemeinsame sanfte Kritik, die im einzeln aber doch anders gesehen wird?
Vielleicht ist der Grund in diesem, also dem Jahr vor der Kommunalwahl nicht nur politisch zu sehen, sondern darin das die Steuerkräfte der Kommunen sehr unterschiedlich sind. Insbesondere die Stadt Attendorn, welche ca. 30 % zur Kreisumlage beiträgt überweist dieses Jahr über 40 Mill. €. Und falls der Konjunktureinbruch eintreten sollte, ist das der Sprengsatz, nicht unbedingt nur für Attendorn, aber bestimmt für den Rest der kommunalen Familie.
Eine stagnierende oder zurückgehende Wirtschaft hat regelmäßig höhere Arbeitslosigkeit, stagnierende oder geringere Steuereinnahmen und höhere Soziallasten zur Folge. Glauben wir wirklich, dass uns in einer solchen Rezession dann Bund und Land helfen werden, die ebenfalls von ihr betroffen wären?
Im Hinblick auf den bevorstehenden Konjunktureinbruch und dass die Aufwendungen auch noch zu finanzieren sind, wenn die Erträge zurückgehen, hat der Landrat bereits in seiner Haushaltsrede den wesentlichen Lösungsansatz genannt:
Zitat:
„Trotz aktuell noch sprudelnder Steuerquellen gilt es also sehr wohl, Maß zu halten und Mehraufwand auf das Unabweisbare zu begrenzen, um weiterhin solide Kreisfinanzen zu erhalten“.
Herr Landrat, hierbei werden wir Sie seitens der UWG-Fraktion voll und ganz unterstützen! Und verstehen Sie bitte die Ablehnung unserer Fraktion zu diesem Haushalt als Ausrufezeichen hinter ihrem Satz!
Positive Ansätze zur Maßhaltung sehen wir z.B. durch den Arbeitskreis mittelfristige Finanzplanung, wie durch die Risikoanalyse in ausgewählten Bereichen der Kreisverwaltung, wobei der Workshop aus terminlichen Gründen leider erst nächste Woche stattfinden kann. Auch trägt das von der Verwaltung vorgesehene ÖPNV-Forum dazu bei, die große Herausforderung im ÖPNV-Bereich transparent zu machen.
Unbedingt verbesserungswürdig sind allerdings die von uns mehrfach kritisierten Kennzahlen im Produktplan, die seit der erstmaligen NKF-Aufstellung im Jahr 2009 immer noch nicht vollständig und aussagekräftig genug sind und den Ressourceneinsatz nicht darstellen.
Das Ungetüm, oder wie wir oft sagen Kokolores „Steuern mit Zielen“ bedarf einer grundlegenden Erneuerung, bei der die Ziele sowie die Steuerungsmöglichkeiten politisch beeinflussbar sein müssen.
Auch wenn die Grundgedanken der Anträge, die unverständlicherweise von der Grünen-Fraktion erst am Jahresende gestellt werden, Diskussionen wert sind, lehnen wir seitens unserer Fraktion den zusätzlichen Personalaufwand der Unteren Naturschutzbehörde für die Erfassung und Kontrolle von Ausgleichsmaßnahmen ab.
Und wenn beim Antrag zur Verbesserung der Kinderbetreuung die Grünen-Fraktion derzeit eine Schande für einen der reichsten Kreise in NRW sieht, haben wohl einige zumindest die Ertragsseite bei den Kreisfinanzen noch nicht verstanden.
Lassen Sie uns besser im Sinne des zuvor genannten Zitates Maß halten und den Mehraufwand begrenzen!
Bedanken möchte ich mich bei Herrn Müller und den Mitarbeitern der Kämmerei für die Aufstellung des Haushaltes 2020 und bei Ihnen Herr Landrat, meine Damen und Herren
für Ihre Aufmerksamkeit.